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Forschung in der Linguistik/Sprachdidaktik

 

Der Einfluss von Instruktion auf den Erwerb und die Verwendung des Dritte Person Singular -s in der Zweitsprache Englisch

Dissertationsprojekt von Kerstin Chlubek

Ausgehend von psycholinguistischen Theorien zum L2-Erwerb stellt sich insbesondere für den Englischunterricht in der Schule die Frage, was Grammatikinstruktion eigentlich leisten kann. Curriculare Anforderungen sind dabei häufig nicht in Einklang mit Erkenntnissen aus der Spracherwerbsforschung, sodass Lehrkräfte davon ausgehen müssen, dass nicht alles, was instruiert wird, auch tatsächlich von Lerner*innen verarbeitet und entsprechend erworben werden kann. Studien zum Zusammenhang von Instruktion und Sprachentwicklung lassen den Schluss zu, dass auch durch Unterricht natürliche Entwicklungsmuster nicht verändert werden können. Häufig mangelt es diesen Studien allerdings an einer genauen Beschreibung und Definition dessen, was mit Instruktion konkret gemeint ist.

Durch das hier vorgestellte Dissertationsprojekt wurde diese Limitation aufgegriffen; um konkretere Aussagen über den Einfluss von Instruktion treffen zu können, wurden zwei verschiedene Instruktionsarten für die Einführung des Dritte Person Singular -s gewählt: Eingebettet in eine Task erhielt eine Gruppe von Lerner*innen metalinguistische Regelbeschreibungen; in einer anderen Gruppe wurde den Lerner*innen ausschließlich Input bereitgestellt, der das grammatische Phänomen enthielt. Die Auswertung der Daten ergab, dass keine(r) der Schüler*innen das Phänomen nach der Instruktion erworben hatte. Bezüglich der Verwendung des Dritte Person Singular -s ließen sich allerdings Vorteile für die Lerner*innen der inputbasierten Gruppe erkennen, da das Phänomen nach der Instruktion häufiger in der Lernersprache auftrat. Die Beobachtung, dass Lerner*innen durch entsprechenden Input in der Lage sind, Einheiten in ihre Lernersprache zu übernehmen, kann als erster Schritt hin zu einem Kompromiss zwischen Erkenntnissen aus Spracherwerbstheorien einerseits und Anforderungen an den Englischunterricht andererseits verstanden werden.

 

Automatisierte Worterkennung im Englischunterricht der Primarstufe.

Onset-, Reim- und Ganzwortebene als mögliche Zugänge zur Schriftsprache im frühen Englischunterricht

Dissertationsprojekt von Pia Holtappels

Seit der Einführung des Englischunterrichts in den Grundschulen im Schuljahr 2003/2004 wird auch die Rolle der fremdsprachlichen Schriftsprache diskutiert. Während die Forschung mittlerweile bestätigt, dass die Schriftsprache im frühen Fremdsprachenunterricht einbezogen werden sollte, ist die Frage danach, wie dies geschehen soll, kaum geklärt. Viele gängige Lehrwerke greifen die Ganzwortmethode auf, erste Forschungsergebnisse deuten aber auch auf einen Vorteil bewusstmachender Verfahren hin, durch die orthographische Muster explizit thematisiert werden.

Das hier genannte Dissertationsprojekt leistet einen Beitrag zu der Frage nach einer geeigneten Vorgehensweise. Zum einen wird die Ganzwortmethode in Kombination mit Übungen zur Automatisierung und zum Ausbau des lexikalischen Eintrags in den Blick genommen. Zum anderen wird auch die (orthographische) Einheit Reim als explizit fokussierte Einheit betrachtet, da sie in der englischen Orthographie regelmäßiger scheint, als die Ebene der Laut-Buchstaben-Beziehungen. Beide Zugänge zeigen Vorteile gegenüber einem unfokussierten Anbieten der Schrift und bringen somit großes Potenzial für den Einsatz im frühen Englischunterricht sowie interessante Ansätze für die weitere Forschung mit sich.

 

LRS im Englischunterricht – Entwicklung des Handlungswissens von Englischlehrkräften im Kontext der Förderung von Lese- und Rechtschreibfertigkeiten im Englischunterricht

Dissertationsprojekt von Seyma Polat

Lese-Rechtschreibschwierigkeiten (LRS) zählen zu den am weitesten verbreiteten Lernschwierigkeiten an deutschen Schulen (6-9% der Lernenden) (Strehlow & Haffner 2002). Nichts desto trotz ist LRS (Förderung bei LRS) nach wie vor sowohl in der Fremdsprachen- als auch in der Professionsforschung ein nicht ausreichend erforschtes Thema. Da sprachübergreifende kognitive Verarbeitungsmechanismen bereits beim Schriftspracherwerb der L1 zu spezifischen Schwierigkeiten führen, kann davon ausgegangen werden, dass auch der Erwerb fremdsprachlicher Schriftsprachkompetenzen eine große Herausforderung für diese Lernenden darstellt. Auch wenn die kommunikative Kompetenz das vordergründige Ziel des englischen Fremdsprachenunterrichts (FSU) darstellt, sind Lesen und Schreiben integrale Bestandteile des kommunikativen FSU und sollten auch in diesem Rahmen gefördert werden (vgl. Gerlach 2019). Um den Bedürfnissen von Lernenden mit LRS gerecht zu werden, benötigen Englischlehrkräfte der Sekundarstufe I praktisches Handlungswissen zur Förderung der Lese- und Rechtschreibfertigkeiten von Lernenden mit LRS – ein Inhalt, der in der ersten Phase der Lehrer*innenbildung nicht ausreichend vermittelt wird. Angesichts der sehr hohen Anforderungen der (zeitlich begrenzten) zweiten Phase sollte die dritte Phase der Lehrer*innenbildung dafür genutzt werden, um Englischlehrkräften die Möglichkeit zu bieten, dieses für die Praxis notwendige Handlungswissen im Rahmen einer Fortbildung zu entwickeln (vgl. Kormos & Nijakowska 2017). In einer Interventionsstudie soll folglich der Forschungsfrage nachgegangen werden, wie sich eine intensive Lehrkräftefortbildung zur Förderung der Lese- und Rechtschreibfertigkeiten von Lernenden mit Lese- und Rechtschreibschwierigkeiten im Englischunterricht auf die Handlungskompetenz von Englischlehrkräften auswirkt. Die wöchentliche Präsenz Fortbildung soll vier Sitzung à drei Stunden umfassen. Zu drei Testzeitpunkten sollen die Selbstwirksamkeitseinschätzungen und das professionelle Handlungswissen der teilnehmenden Lehrkräfte erhoben werden. Das erste Konstrukt soll über einen quantitativen Fragebogen und das zweite über die schriftliche Beantwortung von einschlägigen Fallvignetten (qualitativ) erfasst werden. Die erhobenen Daten sollen mit Blick auf die Wirksamkeit der Fortbildung sowie auf langfristige Zusammenhänge zwischen den zwei theoretischen Konstrukten analysiert werden. Dadurch sollen mögliche Erkenntnisse in die Professionalisierung von Englischlehrkräften gewonnen und Rückschlüsse auf die Strukturierung der drei Phasen der Lehrer*innenbildung in Bezug auf inklusive Inhalte (insb. unterrichtliche LRS-Förderung) gezogen werden.

Literatur:

Gerlach, D. (2019). Lese-Rechtschreibschwierigkeiten (LRS) im Fremdsprachunterricht - 7 wichtige Punkte für einen erfolgreichen Start ins Thema. Tübingen: Narr Francke Attempto.

Kormos, J., & Nijakowska, J. (2017). Inclusive practices in teaching students with dyslexia: Second language teachers’ concerns, attitudes and self-efficacy beliefs on a massive open online learning course. Teaching and Teacher Education, 68, pp. 30-41.

Strehlow, U., & Haffner, J. (2002). Definitionsmöglichkeiten und sich daraus ergebende Häufigkeit der umschriebenen Lese- bzw. Rechtschreibstörung – theoretische Überlegungen und empirische Befunde an einer repräsentativen Stichprobe junger Erwachsener. Zeitschrift für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie, 30 (2), pp. 113-126.

 

Forschung in der Literatur- und Kulturwissenschaft/Literatur- und Kulturdidaktik

 

Bildung für nachhaltige Entwicklung im Englischunterricht – Literaturdidaktische Überlegungen zu Werten und Handlungen in der Primar- und Sekundarstufe

Dissertationsprojekt von Svenja Rosenau

Im Zuge der durch die UNESCO ratifizierten „Agenda 2030“ haben Akteur*innen im Bildungswesen den Auftrag erhalten nachhaltigkeitsbezogene Themen und Kompetenzen in den Didaktiken aller zu inkludieren und zu implementieren. Theoretisch fundierte Auseinandersetzungen über die Verknüpfung der Didaktiken mit dem Bildungskonzept der „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ (BNE) existieren jedoch bislang lediglich in Ansätzen. Aus diesem Grunde fungiert meine Dissertation als theoretische Aufarbeitung einer Verknüpfung des BNE-Konzepts mit literaturdidaktischen Konzepten aus der Fremdsprachendidaktik für den Englischunterricht. Im Zuge dieser Aufarbeitung vertrete ich die Hypothese, dass im Besonderen geisteswissenschaftliche Zugänge zu nachhaltigkeitsbezogenen Themen im Englischunterricht aufgegriffen werden sollten, da sie z.B. Mehrdeutigkeitstoleranz oder auch Diskursfähigkeiten fördern können. Gleichzeitig ermöglichen literarische Texte eine Reflektion und Aushandlung darüber inwiefern kulturelle Phänomene unsere Werte determinieren, inwiefern diese Werte unsere Handlungen beeinflussen und über welche Handlungsspielräume Individuen verfügen, wenn sie auf lokaler Ebene ein globales Problem (z.B. die globale Umweltkrise) lösen müssen.